gehalten am 05.02.2025 von Tobias Schneider
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Dr. Loff,
sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung,
sehr geehrte Vertreter der Presse,
werte Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates,
es ist die Aufgabe des Gemeinderats als Hauptorgan der Gemeinde, die Grundsätze der Verwaltung der Gemeinde festzulegen – so sagt es Paragraf 24 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg. Der Gemeinderat hat die Planungshoheit und entscheidet damit über die Zukunft der Gemeinde. Ebenso hat er die Personalhoheit und nimmt das Satzungsrecht und das Etatrecht wahr – also die Festlegung der Satzungen der Gemeinde und die Entscheidung über den Haushalt. Letzteres geschieht heute hier in dieser Sitzung.
Wir als Gemeinderat haben dabei einen großen Gestaltungsrahmen – theoretisch zumindest. Allerdings wird dieser beschränkt durch die finanziellen Rahmenbedingungen, also dem vorhandenen Spielraum. Frau Dr. Loff hat in ihrer Haushaltsrede deutlich gemacht, dass dieser Spielraum jedes Jahr kleiner wird. Und das schränkt unsere Handlungsfähigkeit und auch unsere Ideen und Wünsche als Gemeinderäte ein. Wir würden gerne mehr gestalten, aber es fehlt schlichtweg das Geld.
Hinzu kommt erschwerend, dass schon die Pflichtaufgaben der Gemeinde die zur Verfügung stehenden Ressourcen fast vollständig aufbrauchen. Eine Priorisierung und realistische Planung von Maßnahmen und Investitionen ist darum zwingend notwendig. Wir sind in diesem Jahr diesen Weg wieder gegangen und haben es geschafft, mit oft schwerem Herzen, eine Priorisierungsliste zusammenzustellen. Herzlichen Dank an die Verwaltung und die anderen Fraktionen für die gute Zusammenarbeit bei dieser Aufgabe.
Zufrieden können wir damit freilich nicht wirklich sein. Zu viele Projekte und Aufgaben, bei der Modernisierung der Infrastruktur, beim Bauhof, bei der Kinderbetreuung und vielem mehr können nicht in der Geschwindigkeit realisiert werden, wie wir uns das wünschen.
Um überhaupt noch handlungsfähig zu bleiben, gibt es nur zwei Optionen.
Die erste Option ist, die Einnahmen zu erhöhen. Das ist leichter gesagt als getan, denn schließlich bedeutet das letztlich immer eine Erhöhung von Gebühren und Steuern – die wiederum zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger gehen. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist das problematisch. Wir haben uns deshalb z.B. bewusst dafür entschieden, bei der Grundsteuerreform aufkommensneutral zu bleiben, auch wenn das bei vielen gar nicht so wahrgenommen wird.
Erhöhung der Einnahmen kann auch die Nutzung von Fördermöglichkeiten oder anderen Fundraising-Methoden sein, was jedoch wieder Zeit, Aufwand und damit Personal kostet. Auch die Ansiedelung neuer Gewerbetreibender, insbesondere durch Ausweisung neuer Gewerbegebiete, gehört dazu – wenn es auch keine besonders schnelle Möglichkeit ist. Wir haben schon in den vergangenen Jahren immer wieder darauf verwiesen, dass dies in unseren Augen ein wichtiger Schritt ist, der dringend angegangen werden muss.
Die zweite Option, nämlich die Ausgaben zu senken, ist auch nicht einfacher als die Einnahmen zu steigern. Vor allem dann, wenn allein die tariflichen Steigerungen der Personalkosten schon eine ziemliche Mehrbelastung darstellen – immerhin fast 40% des Gemeindehaushalts sind Personalaufwendungen.
Es ist im Zuge der Priorisierungen gelungen, beim Personal und an vielen anderen Stellen Geld einzusparen. Das ist ein Erfolg, hat aber natürlich Konsequenzen. Es führt beispielsweise zu weniger Flexibilität im Betreuungsbereich, weniger Arbeitskraft in der Verwaltung, längeren Bearbeitungszeiträumen. Und in so einer Situation können keine neuen, zusätzlichen Aufgaben und Ideen angegangen werden – diese müssen dann erst mal auf Eis gelegt werden.
Für einen Großteil unserer Ausgaben sind wir zudem verpflichtet. Die Kreisumlage wurde als wichtiger Faktor von Frau Dr. Loff genannt. Sie ist wichtig, schränkt gleichzeitig aber den Spielraum weiter ein. Und ähnliches gilt für viele Ausgaben, die von Land und Bund beschlossen und dann von den Kommunen finanziert werden müssen – von der kommenden Ganztagesbetreuung in der Grundschule ab 2026 bis hin zur Versorgung von Geflüchteten. Wirklich nachhaltige Lösungen können hier nur auf den höheren Ebenen gefunden werden, ansonsten laufen wir vor Ort den Entwicklungen immer nur hinterher.
Was sowohl die Erhöhung der Einnahmen als auch die Senkung der Ausgaben an vielen Stellen problematisch macht, ist der Grundsatz der Rechtskonformität, man könnte auch sagen, der Gerechtigkeit. Anders gesagt: wir können an vielen Stellen nicht einfach machen, was wir gerne hätten.
Gerecht, auf der Basis des Rechts zu handeln, ist eine Grundlage unserer Demokratie. Allerdings hat dies manchmal bizarre Folgen. Ich möchte dies an einem Beispiel verdeutlichen:
Sie kennen alle die Redewendung vom Verteilen des Kuchens. Wer Kinder oder Enkel hat, weiß, dass das zu großen Konflikten führen kann, wenn jemand ein vermeintlich größeres Stück bekommt. Um einen Kuchen gerecht zu verteilen, mit genau gleich großen Stücken, kann man Augenmaß nutzen, man kann die Größe der Stücke ausmessen, und es gibt inzwischen sogar Tortenteiler, die man aufdrückt und dann sind die Stücke genau gleich. Es geht aber noch genauer. Wenn man zum Beispiel berücksichtigt, dass neben der Größe auch das Gewicht der Stücke verglichen werden muss. Und jemand ganz schlaues könnte darauf verweisen, dass wahre Gerechtigkeit nur dann hergestellt ist, wenn die Kalorienzahl aller Stücke gleich ist. Und spätestens da sind wir dann bei einer übersteigerten Bürokratie, die über das eigentliche Ziel hinausschießt.
Verstehen Sie mich nicht falsch. Bürokratie, die genaue Regelung von Abläufen in der öffentlichen Verwaltung, ist wirklich wichtig. Sie garantiert nämlich, dass Gesetze eingehalten werden, dass alle gleich behandelt werden, wie es sich in einer Demokratie gehört, und dass die Steuermittel der Bürgerinnen und Bürger möglichst gerecht und sinnvoll verteilt werden.
Aber man kann es auch übertreiben. Wir stellen als Gemeinderat immer wieder fest, dass uns gerade übersteigerte Bürokratie oft davon abhält, schnelle und pragmatische Lösungen zu finden. Auch ein unterschiedliches Verständnis von Gerechtigkeit kann dazu führen. Denn wer legt überhaupt fest, dass es gerecht ist, wenn alle Stücke beim Kuchen gleich groß sind? Wäre es nicht viel gerechter, wenn der mit dem größten Hunger auch das größte Stück bekäme? Aber wie misst man Hunger? Und am Ende kommt die EU und sagt, die gerechte Verteilung der Kuchenstücke muss abhängig von den Blutzuckerwerten der Konsumenten gestaltet werden, aus gesundheitlichen Gründen. Und das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange, ich könnte noch weitermachen.
Wir sind viel mit Bürokratie beschäftigt, für die wir nichts können. Da sind wir als Gemeinde von denen abhängig, die die Regelungen aufstellen.
Aber an manchen Stellen machen wir es uns auch selbst schwerer als es sein müsste. Was dann am Ende passiert, das können Sie sich auch mit dem Kuchen vorstellen. Man diskutiert lange, was noch gerechter, noch besser und noch effizienter wäre – aber niemand isst den Kuchen.
Auch im Gemeinderat gibt es dazu Beispiele. Viele Projekte schieben wir lange vor uns her und sie werden immer wieder diskutiert. Von Bauvorhaben bis hin zu Aufgaben wie der Neugestaltung von Unterstützungsmaßnahmen.
Und die Gedanken dazu sind richtig und es darf alles debattiert und geprüft werden. Am Ende muss aber auch irgendwann eine Entscheidung fallen. Es darf nicht zum Kalorienzählen werden. Ansonsten bleiben Projekte einfach liegen und die Entwicklung der Gemeinde geht nicht voran.
Darum wünschen wir uns als Fraktion CDU – Freie Bürger für die kommenden Jahre mehr Pragmatismus, den wir angesichts der schwierigen Haushaltslage mehr als nötig haben. Das bedeutet
- Wir streben mehr Flexibilität bei Vergaben, mit größeren Freiräumen an. Es ist nicht immer möglich, alle Voraussetzungen bis ins kleinste Detail zu besprechen und festzulegen.
- Im Sinne der vorhin beschriebenen Gerechtigkeit möchten wir im Rahmen unseres Haushaltsantrags einheitliche Kriterien für eine flächendeckende Modernisierung der Bebauungspläne. Dies ist für eine sinnvolle Nachverdichtung aus unserer Sicht zwingend notwendig. Allerdings möchten wir auch da auf zu kleinteilige bürokratische Vorgaben verzichten.
- Wir möchten Kooperationen fördern. Mit dem Jurtenkindergarten und damit zukünftig dem ersten freien Träger sind wir einen guten und wichtigen Schritt gegangen. Auch bei der „Neuen Mitte 2“ mit dem Angebot der Firma Rossmann sehen wir viel Potential, gemeinsam mehr zu erreichen. Wir müssen für solche Projekte offen sein, wenn es aus eigener Kraft nicht möglich ist. Natürlich bedeutet das unter Umständen höhere Risiken und fördert größere Kompromisse – aber dafür entwickelt sich die Gemeinde weiter.
- Wir möchten ein klares Festhalten an den Priorisierungen unserer Investitionen. So wichtig bestimmte Überlegungen im Blick auf Klimaziele und Energieautonomie auch sind – die Pflichtaufgaben müssen zuerst erledigt werden.
- Und wir möchten Kultur, die Förderung von Sport und das vielfältige Vereinsleben als Fundament des gesellschaftlichen Lebens und des Zusammenhalts beibehalten und fördern. Gleichzeitig müssen wir uns als Gemeinde eingestehen, dass wir an diesem Punkt nicht mehr alles leisten können, wie dies früher möglich gewesen ist. Aus diesem Grund appellieren wir an die Solidarität untereinander, gerade auch im Vereinsleben. Gegenseitiges Aufrechnen von Leistungen hilft uns nicht weiter, stattdessen braucht es noch mehr als bisher gemeinsame Projekte und Zusammenarbeit.
Die Situation in Schwaikheim mag im Blick auf die Gemeindefinanzen schwierig sein – so wie in einem Großteil der anderen Kommunen auch. Dennoch sollten wir nicht nur auf die negativen Dinge schauen, sondern uns Optimismus bewahren. Gerade die Vereine, die Kirchen und Religionsgemeinschaften, die Gewerbetreibenden und sonstigen Organisationen – sie alle gemeinsam halten unsere Gemeinschaft lebendig, vielfältig und solidarisch. Ja, es gibt viel Solidarität in Schwaikheim, im Kleinen wie im Großen – viele Beispiel dafür ließen sich nennen. Von der Kundgebung am vergangenen Samstag über Projekte wie den Bürgerbus von Bürger helfen Bürgern und Aktionsgemeinschaften wie den Freundeskreis Asyl bis hin zur Unterstützung bei persönlichen Schicksalsschlägen. All das zeigt, dass wir in Schwaikheim auf einem guten Weg sind und es ein großes Maß an unterschiedlichem Engagement gibt.
Wir haben gesamtgesellschaftliche Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen: Populismus, Extremismus, offenes Agieren gegen demokratische Grundprinzipien und die weltweite Tendenz zur Abschottung. Die Solidarität und der Zusammenhalt, die wir in unserer Gemeinde an vielen Stellen mit viel ehrenamtlichem Einsatz leben und fördern, setzen dem etwas entgegen. Wir dürfen es bei allen Sparzwängen und finanziellen Engpässen nicht zulassen, dass das Fehlen von Geld letztlich mit dazu beiträgt, die Gesellschaft zu spalten. Um so wichtiger ist es deshalb, gut, verantwortungsvoll und besonnen zu planen – ohne auf den nötigen Pragmatismus zu verzichten.
Zusammenfassend sieht die Fraktion CDU – Freie Bürger, welch großer Aufwand mit der Aufstellung des Haushalts in diesem Jahr verbunden war. Unser Dank gilt dabei Frau Dr. Loff und insbesondere Frau Bauer, die als Kämmerin sehr viel Zeit und Energie investieren musste. Wir danken dem gesamten Team im Rathaus und den verschiedenen Einrichtungen der Gemeinde und auch den Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat für die gute Zusammenarbeit, die stets konstruktiven Diskussionen und die gemeinsame Erarbeitung dieses Haushaltsplans.
Die Fraktion CDU – Freie Bürger wird dem Haushaltsplan zustimmen.
Wie ich bereits ausgeführt habe, hängt die Attraktivität und die Lebensqualität in Schwaikheim nicht nur von dem ab, was die Gemeinde leisten kann oder nicht. Der wichtigste Faktor dafür sind die Menschen selbst, die Stimmung und das Miteinander. Nicht zuletzt gilt deshalb auch ein großer Dank allen Bürgerinnen und Bürgern, die sich einbringen – insbesondere denen, die sich in Vereinen und Organisationen engagieren und so in besonderer Weise dabei mithelfen, das gesellschaftliche Leben in unserem schönen Schwaikheim zu gestalten und zur Lebensqualität beizutragen.
(Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!)
